Einführung
„Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Es schreitet dahin und weint, wer den Saatbeutel trägt; jedoch mit Jubel kehrt heim, wer seine Garben – manipulos – trägt.“
Eingebettet in die Hügellandschaft am Fuße des Majella-Massivs in den italienischen Abruzzen liegt das Städtchen Manoppello. An diesem entlegenen Ort wird eine Reliquie von unschätzbarem Wert aufbewahrt: Ein Schleier, auf dem das Antlitz Jesu Christi abgebildet ist.
Fast 400 Jahre spendete dieses Sudarium oder Schweißtuch lediglich einer geringen Zahl von Gläubigen Trost und Hoffnung, während es vor der übrigen Christenheit weitgehend verborgen blieb. Indessen häufen sich die Indizien, dass es sich um das „wahre Bild“ handelt, das sich eigentlich im Petersdom in Rom befinden sollte.
Verschleierung, schleierhaft, entschleiern – Schon die Beschaffenheit des Sudariums verweist auf seinen rätselhaften, geheimnisvollen Charakter: Ein transparenter Schleier, auf dem das Erscheinungsbild Jesu Christi bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen einem ständigen Wandel unterworfen zu sein scheint. Erst während der Prozessionen kommt es bei Tageslicht in seiner Vielfalt zur vollen Geltung. Namhafte Künstler haben sich an diesem Motiv versucht, jedoch vermag es selbst modernste Fototechnik nicht, das schimmernde Antlitz angemessen abzulichten. Zudem ist das Sudarium aus besonderem Material gefertigt: Byssus, dem sagenumwobenen Stoff der Antike. Ein Stoff für die Ewigkeit, der schon 2.000 Jahre seit dem Tod Jesu Christi überdauert hat. Schon die frühen Christen bewegte die Frage, wie das Antlitz Jesu Christi auf das Sudarium gelangen konnte, eine Frage, die noch heute manches Rätsel aufgibt.
Manoppello, Manipulus, Manipel – der Name der scheinbar unbedeutenden Kleinstadt, die dem Sudarium Christi seit Jahrhunderten Zuflucht gewährt, könnte nicht bedeutungsträchtiger sein: Manoppello kommt von dem lateinischen Wort „manipulus“, eine „Handvoll“, die auf dem Stadtwappen als „Hand voller Ähren“ dargestellt wird. Ähren erinnern an Brot, ebenso wie Betlehem, der Geburtsort Jesu Christi, der auf Hebräisch „Haus des Brotes“ bedeutet. „Die mit Tränen säen, werden mit Jubel ernten. Es schreitet dahin und weint, wer den Saatbeutel trägt; jedoch mit Jubel kehrt heim, wer seine Garben – manipulos – trägt.“ (Ps 126,5 f.) – so lautet der Psalm, auf den sich der Priester beim Anlegen des Manipels bezog, ursprünglich ein Schweißtuch, das später bei der Messe dazu diente, die linke Hand beim Überreichen von Kelch, Hostienschale und leerer Monstranz zu verhüllen. Insofern birgt der Name des Ortes Manoppello, der lange vor Ankunft des Sudariums gegründet wurde, nicht nur einen Hinweis auf das Schweißtuch selbst. Da er zugleich mit dem Brot und den liturgischen Gegenständen in Beziehung steht, unterstreicht er zweifach die Bedeutung der Eucharistie:
„Und er nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“ (Luk 22, 19-20)
So betonte auch Pater Ignazio Scurti, ein Kapuzinermönch aus Manoppello: „Die wahre Veronika, der wahre Schleier, ist die eucharistische Hostie, und das wahre Gesicht Gottes findest du im Gesicht des Nächsten.“
- Manoppello liegt etwas abgelegen in den italienischen Abruzzen
- Die Wappen von Manoppello und von Betlehem
- Die päpstliche Basilica del Volto Santo in Manoppello